Eins vorweg: Der hier erzählte „Weg vom Bauchfleisch bis zum Jausenspeck“ ist einer von vielen möglichen. Es gibt unterschiedliche Arten des Pökelns ebenso wie verschiedene Varianten des Räucherns. Von den Rezepten für Pökelmischungen ganz zu schweigen. Das, was ich hier beschreibe, durfte ich dankenswerterweise von meiner Mutter lernen. Sie hat es von der Generation vor ihr übernommen. Wie weit die Geschichte dieser Art Speck zu räuchern zurückreicht, lässt sich leider nicht mehr feststellen.
„Augen auf beim Fleischkauf!“ Auf diesen Grundsatz lege ich großen Wert. Heuer habe ich mein Vertrauen in Bauchfleisch von Schweinen aus JAGAs Tierwohlstall in Leitersdorf nahe Leibnitz gesetzt. Danke an meine Schwägerin fürs Organisieren und Zustellen!
Der erste Arbeitsschritt ist das Zuschneiden der Schweinebäuche in „Jausenspeck-Portionsgröße“.
Danach wird das Fleisch trocken gepökelt. Das bedeutet, es wird meiner einer speziellen Pökelsalz-Hausmischung (überliefertes Familienrezept) gleichmäßig eingerieben.
Danach wird das gepökelte Fleisch in ein Surfass aus Lärchenholz (made in Lungau) geschichtet - möglichst ohne nennenswerte Zwischenräume. Schicht für Schicht, sodass zuoberst eine gleichmäßige Fläche entsteht.
Auf das Fleisch kommt ein Deckel, der mit Hilfe einer Holzspindel unter Druck gesetzt wird und das Fleisch zusammenpresst.
Nachdem das Fleisch kühl gelagert einige Tage im Surfass verbracht hat (die Dauer richtet sich nach der Dicke des Fleisches), bildet sich etwas Flüssigkeit. Diese wird abgeschüttet und jedes Fleischstück mit einer Schlinge aus Spagat versehen. Danach hängt es noch einige Zeit - heuer waren es zwei Tage - in einem kühlen, luftigen Raum zum „Durchbrennen“. Zum einen trocknet das Fleisch bei diesem Vorgang, zum anderen wird dadurch die gleichmäßige Salzverteilung im Inneren gefördert.
3. Dezember 2022, 7 Uhr morgens: Nachdem die Fleischstücke im Inneren der alten Selchhütte aufgehängt wurden, zünde ich in der Feuerstelle die ersten Holzscheiter an. Dieser Moment ist jedes Mal etwas Besonderes für mich. Der symbolische Start in einen Sonntag, der dem Räuchern gewidmet ist. Ich denke an all die Menschen, die in dieser Hütte das Gleiche „vor meiner Zeit“ gemacht haben. Wie viele es wohl waren? Und wie wichtig ihnen das Konservieren von Fleisch, das Herstellen von Speck war? Heute ist der Jausenspeck ein Genussmittel, einst hatte er mit Sicherheit einen weitaus höheren Stellenwert als Nahrungsmittel.
Es raucht. Das alte Selchhüttl macht genau das, was es machen soll. Und mich erfüllt dieser Anblick mit Vorfreude auf das, was am Ende des Tages aus dem Rauch „geerntet“ werden kann.
Blick in das Innere des alten Selchhüttls: oben der Jausenspeck im Rauch, unten die Feuerstelle.
Der Jausenspeck hängt im warmen Rauch. Genau genommen ist es wohl das Verfahren des Warmräucherns, das ich hier praktiziere. Dabei erwärmt sich die Luft im Inneren der Selchhütte bis zu 60 Grad Celsius. Nicht dauerhaft. Nur relativ bald nach dem Nachheizen. Übrigens: Am 3. Dezember 2022 habe ich insgesamt sieben Mal nachgeheizt, im Schnitt jede Stunde einmal.
Am frühen Nachmittag bekommt der Speck schon eine recht passable Farbe.
Mit jedem Räucher-Durchgang wird die Speckfarbe ein bisschen intensiver.
Nach dem sechsten Mal Nachheizen beschließe ich, den Jausenspeck einer ersten Geschmacksprobe zu unterziehen. Schade eigentlich, dass man hier den Duft nicht wiedergeben kann ...
Ich nehme bewusst ein etwas dickeres Stück und schneide aus der Mitte eine Speck-Kostprobe heraus.
Warmer Speck ist nicht jedermanns Sache.
Ich gebe es gerne zu: Ich mag ihn. Den kalten auch ..... Mahlzeit!